Wir schreiben das Jahr 1905. Ein böhmischer Fürst nimmt von einer Reise aus Nordamerika einige wenige männliche und weibliche (lebende) Exemplare mit: Ondatra zibethicus ssp., die Bisamratte. Sie durften des Fürsten Gut ihr neues Zuhause nennen, so jedenfalls der fürstliche Wunsch.
Nun schreiben wir das Jahr 1912. Die wenigen Gründertiere haben sich zwischenzeitlich zu einer stattlichen Population emporgearbeitet … und schon fast ganz Böhmen besiedelt. Drei Jahre später war Ostbayern erreicht, und der Rest ist Geschichte (Ulbrich 1930).
In einem zwischenzeitlich klassischen Artikel publizierte J.G. Skellam im Jahr 1951 einen mathematischen Modellierungsansatz, um das zeitlich-räumliche Muster von Populationentwicklungen zu beschreiben. Der mathematische Hintergrund ist Standard in physikalischen Anwendungen, seit mehreren Jahrzehnten auch in der ökologischen Populationsmodellierung. Im erwähnten Artikel testet J.G. Skellam sein theoretisch entwickeltes Modell und benutzt dabei die in Ulbrich (1930) publizierten Daten zur zeitlich-räumlichen Ausbreitung der Bisamratte in Mitteleuropa – trotz wenigen Datenpunkten eine beeindruckende Übereinstimmung!
In den letzten Jahrzehnten sind mathematische räumlich-zeitliche Modelle entwickelt worden, welche den biologischen bzw. ökologischen Gegebenheiten noch mehr gerecht werden, falls denn auch die entsprechenden Daten vorhanden sind.
Immer mehr neue – bisher gebietsfremde – Arten scheinen auf der ganzen Welt auf dem Vormarsch zu sein. Mathematische Modellierung hilft, besser durchzublicken und zu verstehen.
Erwähnte Literatur:
- Skellam JG (1951) Random Dispersal in Theoretical Populations. Biometrika 38(1/2), 196-218.
- Ulbrich J (1930) Die Bisamratte. Heinrich, D-Dresden.